Das Ruhrgebiet und der RS1: Impulsgeber der Mobilitätswende

Gastbeitrag von Ulrich Syberg, Bundesvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC)

Wer hätte vor Jahren gedacht, das Essen „Grüne Hauptstadt Europas“ werden würde? Wer hätte gedacht, dass der 18. Juli 2010 ein historisches Datum in der Mobilitätspolitik der gesamten Bundesrepublik wird? Mit dem Still-Leben auf der A 40 fing alles an: Von der ungewöhnlichen Idee, aus einer Autobahn eine 65 Kilometer lange Tafel zu machen, auf der am Abend des 18. Juli geschätzt eine Million Radfahrer unterwegs waren, bis zur Eröffnung des ersten Teilabschnitts des ersten Deutschen Radschnellweges, des RS1, vergingen nur fünf Jahre.

Das Ruhrgebiet entwickelt sich immer mehr zum Impulsgeber für moderne oder zukunftsweisende Denkansätze in Metropolen. Wir – hier im Revier – gestalten die Mobilitätswende. Wir warten nicht auf Konzepte aus Berlin, sondern packen selbst an. Zwischenzeitlich hat der RS1 weltweite Schlagzeilen geschrieben. Was New York oder London können, kann die Metropole Ruhr schon lange. Überall auf den Kontinenten entstehen derzeit Radschnellwege oder Super Cycle Highways. Kreuzungsfrei, eben asphaltiert, breit genug zum Überholen – ist der RS1 ideal für Pendler, die raus aus dem Stau der A40 wollen. Das Entlastungspotenzial des RS1 wird auf 50.000 Pkw, 400.000 km und 16.600 t CO2 pro Tag geschätzt. Ein Gewinn für alle, die mobil sein wollen. Radschnellwege können also negative Verkehrsfolgen wie Lärmbelastung und Schadstoffemissionen deutlich reduzieren und so zusätzlich zur Entlastung auf der Straße vor allem einen Beitrag zur Luftreinhaltung und damit zum Klimaschutz leisten.

Die polyzentrische Lage des Ruhrgebietes braucht verknüpfende Elemente für den Radverkehr. Sie braucht aber auch staufreie Autostraßen und eine sehr gut funktionierenden Nahverkehr. Erst dann ist die Metropolregion bei steigenden Einwohnerzahlen zukunftsfähig und kann mit steigender Lebensqualität punkten. In der MetropoleRuhr kann also durch die erwartete Stauvermeidung ein volkswirtschaftlicher Nutzen generiert werden. Die dadurch zu erzielende Kosteneinsparungen sind ein direkter Beitrag zur Wirtschaftsförderung. Radschnellwege können auch Investitionen Privater auslösen, die dieses neue Instrument der Verkehrspolitik künftig nutzen und dafür eine entsprechende Ausstattung erwerben oder neue Freizeitangebote (z. B. touristische Angebote, Gastronomie) entlang der RS1 realisieren möchten.

Zwischenzeitlich hat sich auch die Bundesregierung das Thema Radschnellwege zu Eigen gemacht. Im Bundesverkehrswegeplan 2030 werden Radschnellwege als ein zu förderndes Element des Straßenbaus genannt. Bis zu dieser Feststellung mussten seitens des RVR, des Landes NRW und des ADFC viele dicke Bretter gebohrt werden.

2017 wird das Fahrrad 200 Jahre alt. Immer war es ebenfalls ein Impulsgeber für neue Entwicklungen und stand bei der Erfindung des ersten Autos Pate. Es hat Millionen von Kumpeln in der Vor- und Nachkriegszeit mobil gemacht und wird in Zukunft die Mobilität in den Metropolen der Welt gewährleisten.