Ein letztes Grillen bevor das Chemieklo kommt

Bei lediglich zwei Reinigungen der Toilettenanlagen pro Woche dürften die Nutzer der Toiletten spätestens am Samstagabend selbst auf das Ökoklo im Stadtgarten verzichten wollen. "Es soll nur zwei Toiletten pro Park geben. Wer schon mal auf einem Musikfestival war, weiß was da auf einen zukommt", so Urs Wohlthat.

Künftig Chemieklo statt Würstchen
Der Ortsverein Essen-Mitte grill traditionell im Sommer im Eltingviertel. Dieses Jahr wird dies wohl verboten sein.

Dieser Vatertag wird auf lange Zeit wohl das letzte Mal sein, dass viele Essener (und Essenerinnen) frei im Stadtbezirk I grillen dürfen. Denn CDU und Grüne haben am Dienstag, den 24.05.2022, für den gesamten Bezirk erzwungen, dass nur nach an zwei Orten gegrillt werden darf: Im Nordpark und im Stadtgarten. Warum das einen namhaften Chemieklo-Betreiber freuen dürfte, erfährt man unten.Allerdings wird grillen auch dort nur in insgesamt 11 Grillzonen und bis maximal 21 Uhr erlaubt sein. Wer in den langen Sommermonaten auch gerne mal bis 22 Uhr grillen möchte, dürfte künftig ebenso mit einem Ordnungsgeld belegt werden wie diejenigen, die im Elisenpark oder andernorts Geselligkeit genießen wollen.

Chemieklo im Norden – Öko im Süden

CDU und Grünen kann es dabei egal sein, dass es wohl täglich mehr als 11 Gruppen von Grillbegeisterten geben dürfte, die im Stadtbezirk I grillen möchten. Zumal ja Grillfreunde auch aus anderen Bezirken in die Innenstadt kommen.

Doch damit nicht genug. Richtigerweise wurde erkannt, dass wer grillt auch andere Dinge tun muss. Leider werden die Nutzer der Zwangsgrillanlagen auf das Händewaschen nach dem großen oder kleinen Geschäft verzichten müssen, denn der von CDU und Grünen durchgepeitschte Plan der Stadtverwaltung sieht nur mobile Toiletten vor. Der Essener Norden kriegt dabei die eher geruchsintensiven Chemieklos einschlägiger Plastiktoilettenhersteller, während im Stadtgarten ein Ökoklo mit Holzlösung und -optik installiert werden soll. „Klar, wer will schon ‚Dixis‘ neben dem Aalto aufstellen?“, meint Dr. Urs Wohlthat, Sprecher der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung.

Für den Norden reicht das natürlich mal wieder völlig. „Man werfe einen Blick auf das Ergebnis der letzten Landtagswahlen, dann weiß man wo es künftig Ökoklos und wo es Plastik und Chemie geben wird“, so Urs Wohlthat.

Die übliche CDU- und Grünen-Manier die Essener Bevölkerung im Norden anders und vor allem schlechter zu behandeln als die im Süden wird indes über Eines nicht darüber hinwegtäuschen: Bei lediglich zwei Reinigungen der Toilettenanlagen pro Woche (mutmaßlich vor und nach dem Wochenende) dürften die Nutzer der Toiletten spätestens am Samstagabend selbst auf das Ökoklo im Stadtgarten verzichten wollen.

„Es soll nur zwei Toiletten pro Park geben. Wer schon mal auf einem Musikfestival war, weiß was da auf einen zukommt“, so Urs Wohlthat.

Konstruktive Diskussion verboten – offene Fragen: unbeantwortet

Wer sich solche Regeln und Vorgaben ausgedacht hat, der kann nur darauf hoffen, dass Fragen zum „wie soll das funktionieren?“ nicht gestellt werden dürfen. So bleibt beim städtischen „Pilotprojekt für geordnetes Grillen im Bezirk I“ unklar, wie das Grillverbot im Bezirk I denn konkret umgesetzt werden soll. Der Ordnungsdienst bzw. die an seiner statt beauftragte RGE wird nämlich das Grillverbot in den anderen Bezirken weiterhin nicht umsetzen.

Die umliegenden Bezirke dürften künftig also verstärkt von vertriebenen Grillfreunden aus dem Bezirk I heimgesucht werden. „Dieser zu erwartende Grilltourismus wird unsere Stadt sicher nicht friedlicher machen. Am Ende müssen das Ordnungsdienst und Polizei ausbaden“, mein Urs Wohlthat.

Wie mit Grünflächen die Bezirksgrenzen überwinden umzugehen ist, wurde indes in der Sitzung nicht beantwortet. Darf man nun weiter rechts noch grillen, während links schon das Verbot herrscht? Was ist mit einem dritten Grillplatz, für den sich die Bezirksvertretung letztes Jahr einhellig ausgesprochen hatte? Und wer müsste eigentlich Bußgelder bezahlen: Nur wer grillt oder auch alle, die mitessen?

Es bleibt auch offen, wie künftig auf Spielplatzfesten und dergleichen noch gegrillt werden können darf. „Vor Kurzem war ich mit meinen beiden Töchtern beim Spielplatzfest im Siepental, da gab’s für alle Würstchen vom Grill“, erzählt Urs Wohlthat und fährt fort. „So etwas wird es künftig wohl nicht mehr in der Innenstadt, in Huttrop oder Frillendorf geben. Mit diesem Pilotprojekt, wird die Stadt wieder mal sozial ärmer. Dabei wäre es gerade nach Corona wichtig, dass die Leute mal wieder unbeschwert zusammenkommen dürfen.“

All das wollten Bezirksbürgermeister Peter Valerius (CDU) und Grünensprecher Burkhard Dedy (B90/Die Grünen) nicht diskutieren lassen. Sie erzwangen die Abstimmung, bevor der Vertreter von Grün und Gruga Rede und Antwort stehen konnte dazu. Selbst aus den eigenen Reihen konnte man auf den Bänken der beiden Verbotsparteien da einigen Unmut in den Gesichtern erkennen.

Allen Bürgerinnen und Bürgern sei indes nur geraten die kommenden Wochenenden noch einmal gut zu nutzen und draußen zu grillen. Wenn es nicht besonders viel Gegenwehr durch die Bürgerschaft gibt, wird das Pilotprojekt auch in den anderen Bezirken umgesetzt werden. „Chemiklo oder Ökotoilette, das Grillverbot kommt mit Schwarz-Grün nun definitiv“, so Urs Wohlthat.

Informieren Sie sich aber gut, ab wann das Grillverbot genau gilt. Ein Datum wurden nämlich nicht mitgeteilt, Schilder will die Stadt nicht aufstellen, man muss also wohl die Glaskugel anwerfen. Es wäre daher gut möglich, dass dieser Vatertag der letzte ist, an dem in Essen frei gegrillt werden darf.

Wohl bekomm’s.